Montag, 30. Mai 2016

PETRA III Availability Review

Die Verfügbarkeit von PETRA soll im Jahresmittel mindestens über 95 % liegen. Ziel ist eine Verfügbarkeit von über 97 %. Konkurrenz-Maschinen (APS, ESRF, Spring8) geben ihre Verfügbarkeiten mit 98 % bis 99 % an. Um PETRA-III auf das Niveau vergleichbarer Maschinen zu bringen, müssen Ausfallzeit und Anzahl der Störungen pro Zeitintervall etwa halbiert werden.

Um die Meinung auswärtiger Experten zur Ursache und zur Lösung der Zuverlässigkeits- und Verfügbarkeits-Problematik zu hören, wurde ein "PETRA III Availability Review Meeting" organisiert. Zehn Experten aus den USA, Frankreich, UK, der Schweiz und Deutschland machten sich anhand von Vorträgen und Diskussionen zu den wichtigsten Maschinenkomponenten ein Bild von der Situation. Abschließend stellte die Expertenkommission Vorschläge zur Abhilfe vor.

Die Hochfrequenzsysteme von PETRA-III

Präsentation der Maschinenkomponente "Hochfrequenzsysteme" vor der Expertenkommision



Die HF-Systeme gehören zur Spitzengruppe der Ausfallzeitproduzenten durch Anlagenstörungen. Der Mittelwert 2011 bis 2014 betrug knapp 40 Minuten Ausfallzeit pro Nutzerbetriebstag. Eine deutliche Verbesserung bei den HF-Systemen hätte einen deutlichen Effekt auf die Verfügbarkeit von PETRA insgesamt. Im vergangenen Jahr 2015 konnte die Ausfallzeit der HF-Systeme bereits deutlich reduziert werden und lag nur noch bei 12 Minuten Ausfallzeit pro Nutzerbetriebstag.

PETRA-III. Ausfallzeit bezüglich der geplanten Nutzerbetriebszeit. Der blaue Ausfallzeitanteil wurde durch die HF-Systeme verursacht. Dunkelblau ist die Ausfallzeit durch Einzelereignisse, hellblau die summierte Ausfallzeit durch eine große Zahl von Störungen kurzer Dauer; in orange die Ausfallzeiten der restlichen Maschinenkomponenten von PETRA
 Neben der Verfügbarkeit (nutzbare Betriebszeit / geplante Nutzerbetriebszeit) ist die Zuverlässigkeit (geplante Nutzerbetriebszeit / Anzahl der Störungen) ein weiterer wichtiger Parameter moderner Synchrotronstrahlungsquellen. International liegt der Schnitt für die Zuverlässigkeit bei MTBF ca. 100 h (MTBF: mittlere Zeit zwischen zwei Störungen). Bei PETRA-III betrug 2015 die MTBF nur 31 h. Auch hier haben die HF-Systeme einen deutlich Anteil. Gegenüber den Vorjahren konnte im Jahr 2015 die Zuverlässigkeit durch drei wirkungsvolle Maßnahmen deutlich gesteigert werden.
  • Zwei Klystrons mit mangelhafter HV-Festigkeit wurden ausgetauscht
  • Drei leuchtende und durch häufige Überschläge auffällige Cavity-Einkoppler wurden ausgetauscht.
  • Die Rate der sogenannten r-Punkt-Ereignisse (schlagartig einsetzende Totalreflexion der Cavity-Vorlaufleistung ohne bekannte Ursache) wurde durch höhere Betriebstemperaturen anfälliger Cavities gegenüber dem Vorjahr um etwa 20% reduziert. 
 Die Reduktion der r-Punkt-Ereignisse blieb allerdings deutlich hinter den Erwartungen zurück, da sie durch ein anderes Cavity-Problem zum Teil kompensiert wurde. Betrachtet man die Störungen durch r-Punkt-Ereignisse über die vergangenen vier Jahre, so muss man erkennen, dass die Störungsrate ziemlich konstant bei etwa 16 Ereignissen pro 200 Nutzerbetriebstage liegt.

PETRA-III. Anzahl der HF-Störungen (normiert auf 200 Nutzerbetriebstage). Dunkelblau: r-Punkt-Ereignisse; hellblau: alle anderen Cavity-Störungen; orange: alle anderen HF-Störungen

 

Beurteilung der HF-Systeme durch die Expertenkommission

  • Die beiden Tuner einer derzeitig wegen Vakuumproblemen deaktivierten Cavity sollen ausgetauscht werden. Die ausgebauten Tuner sollen dann auf mögliche Störungsursachen (möglicherweise defekte Kontaktfinger) untersucht werden
  • Größte Bedeutung wird der Fertigstellung und Inbetriebnahme eines Cavity-Teststandes beigemessen. 
  • Auf dem Cavity-Teststand sollen dann vorhandene Reserve-Cavities konditioniert und anschließend so schnell wie möglich gegen die Cavities mit der höchsten r-Punkt-Ereignissrate ausgetauscht werden.
  • Es wird angeraten bei der Cavity-Konditionierung den Pulsalgorithmus von  E. Montesinos (CERN) in Betracht zu ziehen.
  • Die Kommission merkt an, dass das Gewerk Hochfrequenzsysteme das einzige unter den begutachteten ist, das substanzielle Fortschritte bei der Erhöhung der Zuverlässigkeit vorweisen konnte.